Was kann was?
Functional Food und besagte Nutraceuticals – biologisch aktive Inhaltsstoffe mit medizinisch-therapeutischem Nutzen – sind heute für viele Fixpunkt ihres Speiseplans. Sie sind geschmacklich ansprechend, leicht verfügbar und vermitteln das wohlige Gefühl, sich etwas Gutes zu tun. Sie sind ein echter Renner. Neben den Produkten aus dem Kühlregal sind längst auch Säfte, Brote und Gebäck, Cerealien, Dressings und sogar Zuckerln mit Vitaminen, Omega-3-Fettsäuren etc. angereichert. Ganz oben auf der Hitliste der Food-Designer stehen:
- Probiotika: Das bedeutet „Für das Leben“. Am häufigsten werden sie Milchprodukten zugesetzt. Dabei handelt es sich zumeist um Lactobazillen, Milchsäurebakterien. Diese tragen zur Stimulierung der Immunfunktion und zur verbesserten Abwehr von Krankheitserregern bei. Als natürlicher Bestandteil der Darmflora können sie diese positiv beeinflussen. Probiotische Joghurts und Drinks werden gerne als Verdauungsförderer und gegen Blähbauch angepriesen.
- Phyto- oder Pflanzensterine: Sie besitzen Eigenschaften, die die Aufnahme von „bösem“ Cholesterin aus der Nahrung hemmen. Dieses gelangt so nicht ins Blut, es wird über den Stuhl ausgeschieden. Vorkommen: Joghurts und Margarinen.
- Omega-3-Fettsäuren als langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren gelten als Gesundbrunnen für Herz, Kreislauf und Hirn und können auch zur Verbesserung der Cholesterinwerte beitragen. Sie werden einer Vielzahl von Lebensmitteln beigefügt: von Aufstrichen über Brot bis zu Milchprodukten. Allerdings sind sich Experten uneins über ihre tatsächlichen Auswirkungen bzw. Risiken.
Die EU regelt mittels einer Verordnung aus 2007, welche Werbebotschaften, wie etwa „Stärkt die Abwehrkräfte“, bei funktionellen Lebensmitteln erlaubt sind. Darüber hinaus muss die getroffene Werbeaussage wissenschaftlich belegt sein. Trotzdem sind manche Werbeversprechen mit Vorsicht zu genießen …
Retorte gegen Natur
Lebensmittel mit Zusatznutzen sind nicht neu, z.B. wird Speisesalz schon lange Jod für die Schilddrüse zugesetzt. Kritische Geister behaupten, dass viele, die zu Functional Food greifen, nur zu bequem sind, ausgewogen und nachhaltig zu essen. Denn Ernährungswissenschaftler versichern, dass die Versorgung mit allen lebenswichtigen Vitaminen, Spurenelementen, Ballaststoffen und essenziellen Fettsäuren ohnehin gegeben wäre – wenn man genug Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Fisch, vor allem Seefisch, isst. In einem rundum gut versorgten Organismus würden Darmflora, Verdauung, Cholesterinspiegel und Immunsystem erst gar keine Probleme machen.
Univ.-Prof. Dr. Ibrahim Elmadfa, Leiter des Instituts für Ernährungswissenschaften Wien, bringt es auf den Punkt. „Wenngleich die Wirksamkeit mancher funktioneller Lebensmittelinhaltsstoffe wissenschaftlich fundiert ist, bleibt deren Sinnhaftigkeit fragwürdig.“ Er warnt auch vor dem hohen Fett- und Zuckergehalt einzelner Produkte. Auch Ernährungsexpertin Annette Sabersky, die diesen Trend in ihrem Buch „Functional Food, 99 verblüffende Tatsachen“ durchleuchtet und so manches Gesundheitsversprechen entlarvt, stößt ins selbe Horn: „Die meisten angereicherten Produkte sind unnötig – gesünder und billiger lebt es sich mit natürlichen Lebensmitteln.“
Mit Maß & Ziel
Aber. Die Entwicklung geht in eine andere Richtung. Insbesondere wer dem Einkauf, der Zubereitung und dem genussvollen Verzehr zu wenig Muße widmet, ist dankbarer Abnehmer für die rasch verfügbare Mehrwertnahrung vom Reißbrett. „Funktionelle Lebensmittel kommen sicher allen entgegen, die die notwendige Bilanz an gesundheitsfördernden Substanzen nur schwerlich erzielen können – etwa wenn sie nährstoffarme Fertiggerichte konsumieren oder einseitig essen. Eine Umstellung des Ernährungsverhaltens wäre aber eindeutig die bessere Option“, meint Dr. Elmadfa.
Autorin Sabersky rät speziell bei Nutraceuticals zu Maß und Ziel. „Medizin- Lebensmittel, etwa zur Senkung der Blutfette, sollten nur jene zu sich nehmen, die sie auch brauchen. Denn wenn Kinder dieselbe Margarine nehmen wie der Papa mit seinem erhöhten Cholesterinspiegel, dann wird es problematisch.“ Fazit: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Lebensmittelhändler …
BUCHTIPP:
„Functional Food, 99 verblüff ende Tatsachen“, von Annette Sabersky, TRIAS Verlag, € 13,40
Produkte aus dem Kühlregal mit erwünschter Nebenwirkung
Lebensmittel | Wirkung | Zusatzstoff | Produktbeispiele |
Margarine | Senkung des Cholesterinspiegels, Herzgesundheit |
Pflanzensterine/ Phytosterine |
Becel pro.activ |
Margarine | Entwicklungs- und Wachstumsförderung bei Kindern |
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren |
Rama Idee! |
Joghurtdrink | Senkung des Cholesterinspiegels |
Pflanzensterine/ Phytosterine |
Danacol von Danone |
Joghurtdrink | Stärkung der Abwehrkräfte, Unterstützung der Darmflora |
Probiotische Milchsäurekulturen, z.B. Lactobacillus casei |
Yakult, Actimel von Danone, Nestle LC1 |
Joghurt | Verbesserung des Darmwohlbefindens, Regulierung von träger Verdauung |
Bakterienkultur Bifidobacterium lactis |
Activia von Danone |
Joghurt | Gleichgewicht der Darmflora, Förderung des Verdauungssystems |
Lactobacillus LC1 | Nestle LC1 |